Fachvortag: Unser (Bergbau)Museum - Heimatpflege,
Bildungsstätte, Eventtempel?

Fachvortrag von Prof. Dr. Günther Dippold
stellvertretender Vorstand vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege e. V. und Bezirksheimatpfleger für Oberfranken

Teisendorf/Achthal: Das Bergbaumuseum  im Achthal wird zur Zeit neu  gestaltet. Die Dauerausstellung wird modernisiert und den Standards eines zeitgemäßen Museums angepasst. In diesem Kontext stellt sich auch die Frage, welchen Stellenwert oder welche Funktion heute  ein Museum gerade in ländlicher Region einnimmt? Dient es der Heimatpflege? Ist oder kann es als Bildungsstätte verstanden werden,  oder wird es eher als „Eventtempel“ wahrgenommen? Um diese Fragen näher zu beleuchten hatte der Förderverein des Bergbaumuseums mit  Professor Dr. Günter Dippold einen ausgewiesenen Fachmann eingeladen. Der Historiker und Volkskundler, Honorar-Professor an der Universität Bamberg, ist stellvertretender  Vorsitzender des Bayerischen Landesvereins für Heimatpflege e. V. und  Bezirksheimatpfleger für Oberfranken.

Am Anfang des Museums im Achthal stand die von dem inzwischen verstorbenen Sepp Winkler gegründete Heimatstube. Vielleicht auch deshalb begann Dippold seinen Vortrag mit der Frage . „Was ist Heimat?“ Ganz früher, so seine Antwort, sei Heimat ein Ort gewesen, der Schutz bot, eine Gemeinde, wo der Bewohner durch einen Akt besondere Rechte erwarb. Seit dem 19. Jahrhundert mit der Industrialisierung und dem Aufkommen der Romantik verstand man unter Heimat ein Gefühl, einen Raum, dem man sich besonders verbunden fühlte, den man durch die Arbeiterbewegung bedroht sah und den man schützen musste. Oft verband man mit Heimat grüne Wiesen und Wälder, gepflegte Häuser und Dörfer, aber keine rauchenden Schlote oder Bergbau. Dann aber griffen Industrialisierung und Fortschritt auch auf das Land über, der Begriff Heimat wurde differenzierter und wahrheitsgetreuer. Heute lebt Heimat  von menschlichen Begegnungen, vom Miteinander. „Heimat ist da, wo es wehtut, wenn es schief läuft. Heimat ist da wo man anpackt“, so der Redner. Heimatpflege heißt, mit Respekt vor dem Gewesenen Neues schaffen, immer wieder zurückblicken, aber vorwärts schauen, Heimatpflege heiße auch ampacken und machen. Jeder von uns trägt Geschichte mit sich, ja wir verstehen uns nur, wenn wir unsere Geschichte kennen.

Ein Museum zur Heimatpflege ist ein  Platz für das genaue hinschauen, ein Platz um Geschichten zu erzählen und so die Vergangenheit anhand von Objekten anschaulich zu machen. „Objekte zu sammeln, zu verstehen und zu erhalten ist die Hauptaufgabe eines Museums, alles andere ist Beiwerk“, so Dippold. Jeder von uns trage Geschichte mit sich, ja wir verstünden  uns nur, wenn wir unsere Geschichte kennen.  Durch das Vermitteln von Geschichte erfüllt ein Museum einen Bildungsauftrag. Es dient der Gesellschaft und ist deshalb ein sozialer Ort, ein Ort für alle Menschen, unabhängig von Bildungsgrad, Nationalität, Behinderung, Alter.

„Ein Museum ist ein sozialer Ort, wenn die Menschen abgeholt werden, dort wo sie stehen“ so Dippold weiter. Und ein Museum sei ein sozialer Ort,wenn viele sich engagieren, mitmachen,  sich einbringen, zusammenkommen. Dies sei im Achthal über den Förderverein vorbildlich gegeben. 

Museen sollten nicht über Besucherzahlen oder wirtschaftliche Bilanzen bewertet werden. Denn ein Publikumsrenner seien die meisten Museen nicht. Aber, so Dippold, ein Kulturstaat müsse sich auch Einrichtungen mit mageren Besucherzahlen leisten können. Ein Museum wie das im Achthal werde nicht durch  Touristenströme gerechtfertigt, sondern nur durch die Menschen hier vor Ort, deren Geschichte es erzählt.

 „Soll in einem Museum etwas los sein?“, fragte der Historiker weiter und gab auch gleich die Antwort „Ja, aber nur wenn die Veranstaltungen die Vermittlungsarbeit des Museums unterstützen“.   Ein „Eventtempel“ für Firmenfeiern, Geburtstage und ähnliches darf ein Museum nicht werden. Seine Aufgabe bleibe es, Geschichte zu bewahren und zu erzählen. Das Bergbaumuseum Achthal sei für ihn gelebte Heimatpflege, weil die Geschichte über Objekte verständlich gemacht, aber nicht idealisiert wird und weil viele mithelfen, dies möglich zu machen. Zugleich aber wies der Fachmann alle Verantwortlichen und Mitwirkenden darauf hin, dass die Museumsgestaltung mit dem Tag der Eröffnung der neuen Ausstellung nicht beendet sein wird. „Ein Museum ist mit diesem Tag nicht fertig. Die Arbeit beginnt dann erst“,  aber es werde sich lohnen.

Vorstand Roland Klosa bedankte sich für die deutlichen Worte und interessanten Ausführung bei Prof. Dippold, bevor dieser in der anschließenden Diskussion Fragen aus dem Publikum beantwortete.

Monika Konnert